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Pressemitteilung - 21.01.2017

Wie läuft das Online-Termingeschäft im Bürgeramt?

Die Wartemarken sind passé: In den Bürgerämtern Hannovers kann man sich nun online anmelden. Während die Online-Terminvergabe bei den meisten gut ankommt, warnen Sozialverbände vor der Ausgrenzung von Menschen ohne Internetzugang.

Hannover. Für die meisten Hannoveraner, die Behördengänge zu erledigen haben, brechen bessere Zeiten an. Sie müssen keine lange Wartezeit mehr in Amtsstuben verbringen, sondern können bequem zu Hause am Computer einen Termin buchen. „Der Besuch des Bürgeramts ist besser planbar“, sagt die Hannoveranerin Christine Watzel. Für eine Ummeldung und einen Personalausweisantrag hat sie eine Woche zuvor online einen Termin im Bürgeramt Mitte reserviert. „Jetzt musste ich nur zehn Minuten warten“, sagt Watzel.

Spontanbesuch bleibt möglich

Seit Montag haben die alten Wartemarken in Hannovers Bürgerämtern ausgedient. Wer einen Reisepass beantragen oder einen Zweitwohnsitz anmelden will, ist gehalten, einen Termin zu reservieren - möglichst über das Internet. Auch eine telefonische Terminabsprache ist möglich. Alles also leichter, besser und einfacher? Es gibt auch kritische Stimmen. Sozialverbände meinen, dass dadurch Menschen ausgeschlossen werden, denen der tägliche Umgang mit dem Computer schwerfällt und die über keinen Internetanschluss verfügen.

„Das trifft nicht nur auf manche Senioren zu, sondern auch auf sozial Schwächere, die sich keinen Computer mit Internetanschluss leisten können“, sagt Ingeborg Saffe, hannoversche Kreisvorsitzende des Sozialverbands Deutschland (SoVD). Die telefonische Terminvergabe sieht sie nicht als gleichwertige Alternative. „Man kennt das von den Behörden: Oft sind Apparate besetzt oder die zuständigen Mitarbeiter sind nicht am Platz“, sagt Saffe. Für die Mitarbeiter der Ämter sei die Umstellung sicher ein Fortschritt, für die Bürger ein Rückschritt.

Die Stadtverwaltung betont, dass niemand abgewiesen werde. „Auch spontane Besuche bleiben möglich. Wenn Kapazitäten frei sind, kann man schnell einen Termin bekommen“, sagt Stadtsprecher Udo Möller. Wenn das nicht möglich sei, werde man noch am gleichen Tag mit geringer Wartezeit an die Reihe kommen. Auch für Notfälle, etwa abgelaufene Pässe kurz vor einer Reise, finde die Verwaltung immer eine Lösung.

Die CDU bleibt skeptisch. „Ältere Menschen dürfen nicht als Bittsteller behandelt werden“, sagt CDU-Ratsherr Maximilian Oppelt. Er habe von Senioren viel Kritik an der neuen Regelung in den Ämtern gehört. Grundsätzlich begrüßt Oppelt die technische Neuerung, wünscht sich aber Wartemarken als zusätzliche Option, zumindest an bestimmten Tagen.

In eine ähnliche Richtung geht der Vorschlag von Diakoniepastor Rainer Müller-Brandes. „Ich wünsche mir eine offene Sprechstunde in den Bürgerämtern“, sagt er. Für die große Mehrheit der Bevölkerung sei das neue Angebot sehr passend, für einen kleinen Teil erhöhe sich die Zutrittsschwelle.

Offene Sprechstunde gefordert

Fragt man Hannoveraner in den Bürgerämtern, überwiegen die positiven Reaktionen. „Ich musste nur 15 Minuten warten“, erzählt eine Frau, die gerade ihren Personalausweis beantragt hat. „Das ist völlig im Rahmen.“ Auch ein 16-jähriger Schüler freut sich, dass er seinen Führerschein rasch beantragen konnte. „Ich habe im Internet geguckt, in welchem der acht Ämter ich am schnellsten einen Termin bekomme“, sagt er.

Jamo Ibrahim wusste noch nichts von der neuen Regelung und ist spontan zum Bürgeramt gekommen, um sich umzumelden. „Jetzt konnte ich vor Ort einen Termin in drei Tagen vereinbaren“, sagt er. Etwas geärgert hat er sich schon, denn seine Angelegenheit sei dringend.

Von Andreas Schinkel – veröffentlich am 21.01.2017